Whisky verschenken

Der folgende Post entstand, weil ich in der letzten Woche ca. ein halbe Dutzend mit den Worten “Hör mal, Du kennst Dich doch mit Whisky aus…” angesprochen wurde. Der kleine alkoholische Weihnachtsgeschenk-Berater sozusagen. Daher nun dieser Artikel, auf den ich dann einfach verweisen kann. 😄

“Schenk mir doch einen Whisky…”

Ein netter Mensch hat Geburtstag und Sie sind herzlich eingeladen. Da muss natürlich ein Geschenk her. Kein Problem, der Gute mag Whisky. Dann ist die Auwahl des Geschenks ja einfach. Nach der Arbeit schnell eine Flasche besorgen und nett verpacken, fertig. Es ist kurz nach Feierabend. Gerade haben Sie einen Parkplatz direkt vor dem Laden gefunden. Die Dinge laufen gut, vielleicht bleibt nach dem Einkauf noch Zeit für einen Espresso beim Italiener nebenan. Voller Schwung betreten Sie den Laden – und stehen vor einem Wandregal voller Flaschen! Alles Whisky; aus Schottland, den USA, Irland, sogar Japan ist vertreten. Dutzende Begriffe auf den Etiketten, mit denen kein vernünftiger Mensch etwas anfangen kann: Single Malt, un-chill filtered, cask strength, small batch. Auch die Auswahl nach dem Alter ist nicht wirklich hilfreich: 10, 12, 16, 18 Jahre oder 25 und 30, alles ist vertreten. Es gibt sogar Flaschen, auf denen steht nur eine Jahreszahl. Je nach Temperament haben Sie nun zwei Möglichkeiten: entweder Sie haken den Espresso ab und stellen sich der Herausforderung oder es gibt doch wieder die obligatorische Krawatte als Geschnenk.

Das Wasser des Lebens der Verwirrung 😄

In Wirklichkeit haben Sie noch eine dritte Möglichkeit: Sie lesen vor dem Einkauf in aller Ruhe diesen Artikel durch. Sie ersparen sich damit Zeit beim Einkauf und dem Beschenkten eine eventuelle Enttäuschung. Sie werden dadurch nicht zum Experten, aber Sie erfahren mehr darüber, wie Sie Whisky erfolgreich verschenken.

Eine regionale Einschränkung bildet den Beginn. Wie aus der Überschrift ersichtlich, reden wir von Whisky (mit „y“ am Ende). Diese Bezeichnung wird üblicherweise für Produkte aus Schottland verwendet. Whiskey (mit „ey“) bezeichnet alles, was aus Irland und den Vereinigten Staaten stammt. Alle anderen Länder mit Ausnahme von Japan (das mittlerweile richtig guten Whisky produziert!) besitzen nur Exotenstatus und werden daher nicht behandelt. Bleiben wir also bei schottischem Whisky.

Geschenke macht man nur den Leuten, die man mag. Daher ist ein Geschenk immer etwas besonderes. Sie werden aus diesem Grund auch nie einen normalen Scotch Whisky verschenken wollen. Was wir suchen, ist auf jeden Fall ein Single Malt. Wo der Unterschied liegt? Ein Single Malt ist zuallererst einmal Malt Whisky. Dies bedeutet, er wird im traditionellen Verfahren in einer Brennblase zweimal oder dreimal destilliert und das Malz besteht nur aus Braugerste.

Die andere Gruppe ist ein Whisky, der teilweise auch aus anderem Getreide besteht (sog. „grain whisky“). Nun zum „Single“ im Single Malt. Während Massenware (sog. Blended Scotch) ein wohlausgewogenes Gemisch aus bis 45 Whiskies ist, kommt ein Single Malt nur von einer einzigen Destillerie. Bei den Blends erfolgt die Mischung, um den Geschmack konstant zu halten (ein Dimple soll immer nach Dimple schmecken). Anders dagegen beim Single Malt. Wie bei guten Weinen schlägt sich die Herkunft im Geschmack nieder. Jede Brennerei besitzt einen eigenen Hausstil, der von vielen Faktoren abhängt. Um eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, darf eine Destillerie für einen Single Malt verschiedene Fässer mischen. Diese Zusammenstellung erfordert Können und Erfahrung, schließlich soll eine Flasche dem Hausstil ebenso entsprechen wie die nächste.

Stammt der Inhalt der Flasche nur aus einem einzigen Fass, spricht man von einem Single Single oder einer Fassabfüllung. Hier zeigen sich auch bei den Produkten einer einzigen Destillerie deutliche Unterschiede im Geschmack. Das Fass, in dem der Whisky gereift ist, besitzt einen großen Anteil am Ergebnis. Je nachdem, ob der Brand in einem Bourbon- Sherry- oder gar Portweinfass gelagert wurde, wie oft dieses Fass bereits befüllt wurde oder wo das Fass gelagert wurde, kann ein- und dasselbe Destillat nach der Reifezeit völlig unterschiedlich ausfallen. Aus diesem Grund ist eine Fassabfüllung das ideale Geschenk für einen erfahreneren Sammler, der bereits den Single Malt einer Destillerie kennt. Für Einsteiger sollten Sie bei den Standardabfüllungen der Destillerien bleiben (dem normalen Single Malt).

Fassen wir an dieser Stelle kurz zusammen: als Geschenk eignet sich am Besten ein Single Malt Whisky. Die Blended Whiskies (Scotch) fallen als Massenware weg, eine Fassabfüllung (Single Single) sollten Sie nur dann schenken, wenn der Beschenkte deutlich mit dem Zaunpfahl gewunken (Ihnen also Abfüllung und Alter genau beschrieben) hat. Als Kompromiss gibt es noch die “vatted Malts”, also Malt Whisky aus gemälzter Gerste, der von verschiedenen Destillerien verschnitten wurde. Kann gut sein, aber als Geschenk höchstens für Einsteiger.

Falls Sie nun glauben, dass wird damit dem oben geschilderten Espresso bereits deutlich näher gekommen sind, muss ich Sie noch enttäuschen. Derzeit existieren in Schottland noch über 100 arbeitende Destillerien. Zusätzlich gibt es sogenannte unabhängige Abfüller. Dies sind Firmen, die Fässer von Destillerien kaufen und in eigenen Lagern ausreifen oder direkt abfüllen. Obwohl Original-Abfüllungen eigentlich immer besser abschneiden, wenn Sie Whisky als Investition für wiederverkaufende Sammler betrachten, stehen gute Abfüllungen von renommierten unabhängigen Abfüllern den Destillerieabfüllungen qualitativ in nichts nach. Auch bei nur einer Abfüllung pro Destillerie oder Abfüller (was glücklicherweise nicht der Fall ist) könnten Sie in einem gut sortierten Fachgeschäft noch Stunden grübelnd vor dem Regal stehen.

Dennoch wird die Auswahl leichter, als Sie nun vielleicht denken. Wie bei allen Branchen existieren auch in der Malt-Welt Tops und Flops. Fragen Sie einen großen Whisky-Händler nach den fünfzehn oder zwanzig Whiskies mit dem größten Umsatz, dürfte die Liste bei den Single Malts überall ziemlich ähnlich ausfallen. Auch wenn das Geburtstagskind einen eher ausgefallenen Geschmack besitzt, sind Sie mit einem der „großen“ Malt-Namen immer auf der sicheren Seite.

Herkunftsfragen

Um Ihnen eine grobe Einordnung zu ermöglichen, sollten wir kurz das Thema regionale Einordnung ansprechen. Alle Malts lassen sich einer der folgenden Regionen zuordnen: den Lowlands im Süden von Schottland, der Speyside um den Fluss Spey, den Highlands im schottischen Nordwesten und den westlich vorgelagterten Inseln. Obwohl nur eine einzelne Insel, ist Islay aber mit derzeit acht Top-Destillerien gesegnet und wird übereinstimmend als eigene Region betrachtet. Jeder Malt-Begeisterte wird sich früher oder später einer oder zwei Regionen zuwenden. Was nicht heisst, dass er keine anderen Whiskies mehr trinkt, aber mit einem Whisky aus der Lieblingsregion liegen Sie meistens richtig. Unauffälliges Informationen sammeln ist also angesagt, bevor Sie zum Einkaufen aufbrechen.

Falls Sie die Entscheidung selbst treffen, hier eine ganz grobe Einordnung der Regionen. Die Lowlands führen eine Art Schattendasein, obwohl die Malts aus dieser Gegend durchaus Charakter zeigen könnnen. Die Speyside-Malts zeichnen sich im Allgemeinen durch Ausgewogenheit, Eleganz und wenig Rauch aus. Die Highlands zeigen ein breites Spektrum, je nach Nähe zu Speyside, den Lowland oder in Richtung Westen und Meer. Deutlich mehr Körper und Torfaromen finden sich in den Malts von den Inseln, wobei hier aber auch ausserordentlich elegante Abfüllungen zu finden sind. An der Insel Islay scheiden sich üblicherweise die Geister: die schweren, torfigen Aromen werden entweder geliebt oder man macht einen großen Bogen darum. Zu Unrecht, denn auch auf Islay zeigt sich die Vielfalt der Malt Whiskies und das Problem eines solchen Artikels: die Vielfalt innerhalb einer Region umfasst meist ebenfalls das komplette Spektrum, allerdings zeigt jede Region ihren oben genannten Schwerpunkt.

Wie alt ist er denn?

Das Alter einer Abfüllung ist übrigens bei weitem nicht so wichtig, wie vom Laien angenommen. Es gilt zwar die Faustregel, dass ein guter Malt üblicherweise älter als 12 Jahre ist, allerdings geht es nach einem Optimum der Reifung auch wieder bergab. Mehr als 30 Jahre verkraftet ein Malt nur dann, wenn sowohl das Destillat als auch das Fass erstklassige Qualität hatten und der Lagerplatz glücklich gewählt wurde. Aus diesem Grund werden auch Whiskies verkauft, die „krumme“ Altersangaben haben, da der Whisky gerade optimal gereift war. Da Malt Whisky zur Zeit immer noch an Beliebtheit zulegt, sind die Vorräte vieler Destillerien ziemlich erschöpft. Viele Standardabfüllungen wurden deshalb im Vergleich zu früher verjüngt (z.B. von 15 auf 12 Jahre). Sollten Sie unsicher sein, hier ein vereinfachender Tipp: suchen Sie einen 18-jährigen Malt. Diese haben qualitativ gegenüber den 12-jährigen fast immer deutlich zugelegt, sind aber im Gegensatz zu den „alten“ 25-jährigen noch bezahlbar.

Starker Stoff

Bei der Stärke (dem Alkoholgehalt) werden Sie fast immer die normale Trinkstärke von 43% bis 46% finden. Die andere Alternative ist eine sogenannte Faßstärke (cask strength). Hier wurde der Whisky nach dem Abfüllen nicht mit Wasser herabgesetzt, sondern kommt mit dem Alkoholgehalt in die Flasche, der beim Abfüllen noch vorhanden war. Je nach Fass und Alter reicht das Spektrum hier von 42% bis hoch zu über 62% Alkoholgehalt! Faßstärken werden von Sammlern bevorzugt, da man hier durch Zugabe von Wasser selbst bestimmt, wie man seinen Malt geniessen möchte. Schenken Sie deshalb, falls möglich, immer eine Flasche Wasser aus den schottischen Highlands mit. Diese kleine Geste kommt an!

Ich hoffe, damit konnte ich Ihnen eine kleine Hilfe bieten. Haben Sie sich dann für eine Flasche entscheiden, darf ich völlig schamlos noch auf mein kleines eBook “Whisky Tasting leicht gemacht” hinweisen. Für weniger als den Preis eines leeren Glases erhalten Sie wertvolle Informationen in einem kompakten Format. Keine seitenlangen Ausflüge in die Geschichte Schottlands oder hunderte von Verkostungsnotizen und Fotografien von Flaschen, sondern Erklärungen, wie und warum Whisky so schmeckt wie er schmeckt und wie Sie mit Genuss in diese interessante Geschmackswelt eintauchen.

Sláinte!

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