Das Internet ist jeden Tag voll mit Bildern. Vielen und ungewöhnlichen Bildern. Manche davon sind ungewöhnlich, manche kaum zu glauben. Wie soll man da noch wissen, ob ein Foto echt ist oder nicht?
Nehmen wir die beiden Bilder unten? Welches davon ist echt und welches manipuliert? Wie kommen Sie zu Ihrer Entscheidung?
Sicher gibt es Bilder, bei denen sich sofort sagen lässt: “FAKE!” – andere aber sind gut manipuliert, andere wiederum sind tatsächlich echt.
Sehen Sie sich die Bilder hinter diesem Link an. Alle Bilder sind echt, obwohl ich auf den ersten Blick bei einigen gezweifelt habe. Nicht alles, was seltsam aussieht, ist also Fake. Manchmal hat man auch einfach Glück wie beim nächsten Bild, für das ich lange geplant und dann auch nur 10 Minuten gewartet habe. :-)
(Nebenbei: dafür eignet sich LightTrack hervorragend)
Freies Bildmaterial
Damit Sie für den Unterricht oder für eigene Experimente mit den Tools unten auch Bildmaterial zur Verfügung haben, finden Sie in der folgenden Liste fünf Bilder, die ich selbst fotografiert habe und hiermit unter der Lizenz CC0 freigebe. Die manipulierten Versionen sind mit freien Teilbildern von Pixabay.com bearbeitet (ebenfalls Lizenz CC0). Sie können die Bilder daher problemlos verteilen, weiter bearbeiten oder im Unterricht einsetzen.
- (1) Der Heiligkreuzkofel (Sas dla Crusc) in den Dolomiten Originalversion
- (2) Der Heiligkreuzkofel mit dem Jet Manipulierte Version
- (3) Ein römischer Reiter bei Salve Abusina! Originalversion
- (4) Ein römischer Reiter bei Salve Abusina! Metadaten manipuliert
- (5) Ein römischer Reiter bei Salve Abusina! Bild manipuliert
Digitale Werkzeugbox
Lassen Sie uns also einen Blick darauf werden, wie sich eine schnelle Überprüfung eines Bildes durchführen lässt.
Die Bildersuche
Über die Google-Bildersuche können Sie auch ein Bild hochladen und dann im Web nach dem gleichen oder optisch ähnlichen Bildern suchen lassen. Damit lassen sich bereits viele Fake-Bilder, Hoaxes oder Manipulationen erkennen, besonders, wenn sie schon im Web oder sozialen Medien die Runde machen. Allerdings funktioniert das nicht immer, besonders wenn eine Manipulation das erste Mal auftaucht. Wenn ich beispielsweise mein Bild (2) verwende, bringt Google keinen anderen Treffer, sieht also erstmal nach einem Original aus. Was aber nicht bedeuten muss, dass es nicht manipuliert wurde.
Bei anderen Bildern funktioniert das wiederum hervorragend. Es gibt ein sehr bekanntes Bild von verbogenen und gekrümmten Eisenbahnschienen nach einem Erdbeben in Neuseeland. Dieses Bild ist so verbreitet, dass ich den Urheber nicht ermitteln konnte (sollten Sie der Fotograf sein oder die Originalquelle kennen, lassen Sie es mich wissen). Wenn Sie dieses Bild in der Google-Bildersuche hochladen, erhalten Sie sofort eine ganze Reihe von Treffern. Diese Trefferliste erlaubt bereits eine Einordnung, ob es sich bei dem Bild eher um eine Fälschung oder ein Original handelt und woher das Bild stammen könnte. Bei viralen Bildern wie dem obigen sollten Sie bedenken, dass die Suche nach der Originalquelle bei Tausenden von Treffern eine mühsame bis vergebliche Aufgabe werden kann.
Die Metadaten
In einer Bilddaten sind nicht nur die Pixel zu finden, aus denen das Bild besteht. Eine .jpg-, .png- oder .tif-Datei ist eher ein Container, in dem neben den reinen Bilddaten noch eine ganze Reihe von anderen Informationen zu finden sein können. Diese Metadaten enthalten oft neben Farbprofilen auch Daten zum Zeitpunkt der Aufnahme, Informationen zum Kameramodell, Standortdaten und vieles mehr. Bei einem Bild, dessen Herkunft fraglich ist, lassen sich durch eine Untersuchung der Metadaten oft Inkonsistenzen finden bzw. die Plausibilität der Aufnahme prüfen. Denken Sie aber auch hier daran, dass dies keine zweifelsfreie Methode darstellt. Schließlich habe ich für diesen Blogpost die Metadaten in den Bildern verändert. Es gibt wie bereits erwähnt verschiedene Arten von Metadaten. Die für uns relevanten sind die EXIF-Daten. Exif steht für “Exchangeable Image File Format” (meist in Großbuchstaben abgekürzt) und definiert einen Standard für die Ablage von Metadaten in digitalen Bilddateien.
Wenn Sie eine entsprechende Bildbearbeitungs- oder Bildbetrachtungs-Software auf Ihrem Rechner installiert haben, ist die Chance sehr groß, dass darin ein Exif-Betrachter integriert ist. Für den Unterricht oder das schnelle Überprüfen sind aber Online-Quelle, die mit dem Browser benutzt werden können, einfacher. Dazu müssen Sie allerdings das Bild auf die jeweilige Webseite hochladen, tun Sie das also nicht mit vetraulichen Bildern. Zwei solcher Websites sind beispielsweise findexif.com und exifdata.com. Bei findexif.com muss das Bild bereits online und über eine URL erreichbar sein, bei exifdata.com können Sie auch ein lokal vorhandes Bild hochladen. Auch der Exif-Viewer von 60tools bietet einen Online-Service. Ein weiteres gutes Tool ist Jeffrey’s Image Metadata Viewer. Auch hier können Sie ein lokales Bild hochladen.
Wenn Sie das Bild (4) aus der Liste hochladen, bei dem ich die Metadaten manipuliert habe, sollten Ihnen einige Inkonsistenzen auffallen.
Als Kameramodell wird Camera: Canon Nikon D300S
angegeben. Nein, ich habe damit nicht die ewige Auseinandersetzung Canon oder Nikon beendet, sondern einfach das Exif-Merkmal “Camera Model Name” geändert. Im Merkmal “Make” steht nach wie vor das Original Canon
.
Sie sehen in der Ausgabe von Jeffrey’s Image Metadata Viewer noch eine ganze Flut an Informationen, die ich absichtlich in den Dateien belassen habe, um Ihnen einen Eindruck zu vermitteln, was sich in den Metadaten alles finden lässt (sogar die Seriennummer der Kamera steht da drin). Alle diese Informationen lasse sich aber wie gezeigt selektiv verändern oder komplett entfernen. Viele Smartphone-Nutzer tun das aber nicht bzw. bieten die Standard-Apps nicht immer diese Möglichkeit.
Standortfragen
In diesen Metadaten sind bei modernen Kameras und vor allem bei Smartphones, deren Standorterkennung nicht deaktiviert wurde, auch die GPS-Daten zu finden. So können Sie auch den Aufnahmeort eines Bildes auslesen. Natürlich nur dann, wenn diese Daten nicht editiert wurden. In unserem Beispielbild (4) habe ich als Standort Daten eingetragen, die mit dem Bildtitel “Ein römischer Reiter bei Salve Abusina!” nicht zusammen passen. Wenn Sie nach “Salve Abusina” suchen, stoßen Sie schnell auf das Römerfest im Kastell Eining. Die Standort-Daten im Bild sagen aber, dass das Bild in der Nähe von Castellina in Chianti in der italienischen Toskana aufgenommen wurde. Solche Inkonsistenzen sind ein weiterer Hinweis auf eine Bildmanipulation.
Im Web können Sie dazu den Location Viewer benutzen, ein Bild hochladen und die Kartendarstellung ansehen.
Was auch auffällt, wenn Sie sich die GPS-Daten genauer ansehen:
Eine Höhe von 0 Meter über dem Meeresspiegel mitten in der Toskana? Nicht wirklich, oder? :-)
Die Kür
Wenn Sie sich detaillierter mit der Analyse von Bildern befassen, sollten Sie das Tool Foto Forensics ausprobieren. Damit sind detailliertere Analysen möglich, wie eine Error Level Analysis (ELA). Kurz zusammengefasst, zeigt diese Funktion mögliche Inkonsistenzen in der Bildkomprimierung. Im Tutorial finden Sie eine detaillierte Erläuterung und auch weiteres Übungsmaterial. Nehmen wir als Beispiel unseren manipulierten Römer aus dem Bild (5). Dieser trägt am Ender der Lanze statt einer Spitze einen Schädel. Kann der echt sein? Laden wir das Bild bei Foto Forensics hoch und sehen uns die ELA an. Sie erkennen deutliche Helligkeitsunterschiede zwischen dem Schädel und dem Rest des Bildes.
Sieht so aus, als wären die alten Römer doch keine Schädelsammler gewesen. Eine weitere schöne Übung zu dieser Funktion finden Sie im Tutorial als The Case of the Test Pilot.
Falls Sie eine gute Bildbearbeitung haben, sollten Sie auch das Bild laden und mit den Reglern für Kontrast, Helligkeit und den Gradationskurven sowie den Tonwerten spielen. Dabei lassen sich oft Manipulationen aufdecken, deren Dreistigkeit im nachhinein staunenswert ist.
Auch die Lichter und der Schattenwurf sind ein wichtiges Kriterium. Auch mit viel Aufwand ist die Kontruktion perspektivisch korrekter Schatten enorm schwierig. Ein Beispiel, woauf bei Manipulationen zu achten ist, zeigt auch das Beispielbild (2) mit dem Jet über dem Heiligkreuzkofel in den Dolomiten. Wenn Sie sich die Schatten der Lift und Strommasten sowie der Geböude ansehen, muss die Sonne irgendwo rechts hinter dem Fotografen stehen. Der Lichtreflex auf der Cockpitkanzel würde auf den ersten Blick dazu passen. Vergleicht man dann den Schattenwurf auf den Tragflächen genauer mit dem Schatten in der Landschaft, werden die Inkonsistenzen klarer.
Das Gleiche gilt für Lichte oder Ränder, die ganz leicht ausfransen oder einen Farbsaum haben. Auch Körperhaltungen und verdeckte oder fehlende Körperteile fallen bei einem schnellen Blick nocht nicht auf, lassen aber oft Manipulationen erkennen. Suchen Sie im Web einfach mal nach “Photo Hoax” oder “Fake Pictures” und Sie haben Material für Stunden.
Leute und Wetter
Nimmt jemand die Urheberschaft für ein Fotos für sich in Anspruch, dann ist in der heutigen Zeit eine Suche in der Suchmaschine Ihrer Wahl die erste Möglichkeit, um festzustellen, ob der abgebliche Autor mit diesem Bild bereits z.B. bei Google bekannt ist oder nicht. Eine bequemere Möglichkeit für diesen Zweck ist es, WebMii zu benutzen. Das ist eine Personen-Suchmaschine, die auch Bilder zur bzw. von der Person liefert.
Ich musste das natürlich gleich für mich selbst ausprobieren und war überrascht, wieviel Bilder gefunden wurden. Für einen ersten Eindruck, was jemand für Bilder erstellt und an welchen Orten also eine Erleichterung für eine erste Orientierung. Dazu gehört natürlich immer auch noch Rechercherarbeit, ob sich die Person zur fragleichen Zeit am genannten Ort aufgehalten hat. Wenn eine Suche im Web ergibt, dass jemand bei einem Konzert ein Dutzend Bilder bei Instagram gepostet hat, ist es eher unwahrscheinlich, ein Bild von einer Naturkatastrophe 300km weiter zu machen.
Ein zusätzliches Kriterium wäre neben den Daten zum Fotograf und der Bilder-Rückwärtssuche auch noch das Abklären der Wetterbedingungen bei Aussenaufnahmen. Hierzu benötigen Sie eine Suchmaschine, die in der Lage ist, auf tatsächliche Wetterdaten zuzugreifen und nicht einfach nur die Vorhersage aus der Vergangenheit benutzt. Eine gute Möglichkeit hierfür ist Wolfram Alpha. Geben Sie als Suchanfrage einfach weather <location> YYYY-MM-DD
ein und Sie erhalten eine relativ gute Auskunft. Scheint auf dem Selfie mit dem Start auf dem Markusplatz dann die Sonne, während es laut Wolfram Alpha in Venedig am angegebenen Tag geschüttet hat, ist dies ein weiteres Indiz für eine Manipulation.
Sehen heißt Glauben?
Nicht erst in Zeiten von Web, Bildbearbeitungssoftware und Smartphone wurden Bilder manipuliert. Sei es der verschwundene Trotzki oder das Bild des getroffenen Bürgerkriegskämpfers von Robert Capa, das sich im nachhinein als gestellt entpuppte. Und viele Bilder müssen gar nicht manipuliert werden, solange es aufgrund der Menge an Fotografien immer eine Perspektive gibt, die sich für die eigene Berichterstattung eignet, wie die Bilder beim G7-Gipfel im Juni 2018 zeigen.