Notizzettel für's Web mit Wakelet

Welche Welle?

In meinem Post zu virtuellen Notizzetteln hatte ich eine Alternative zu Padlet vorgestellt: Trello. Dieser Artikel beschäftigt sich mit eine anderen Alternative, die gerade auch für Lehrerinnen und Lehrer interessant sein kann: Wakelet. Ich habe von Ines Bieler über Twitter davon Mitte April erfahren (danke dafür!) und jetzt zwei Wochen damit herumgespielt und das Tool evaluiert. Mit einem anderen Schwerpunkt als Trello und einer Padlet ähnlichen Oberfläche finde ich Wakelet eine gute Wahl für das Sammeln und Teilen von “Web-Notizen” (Links, Bildern und kurzen Texten), die beispielsweise für die Zusammenarbeit innerhalb einer Schülerinnengruppe im Unterricht genutzt werden können.

Die Startseite von Wakelet

Von allen Alternative zu Padlet gefällt mir Wakelet bisher am Besten. Ja, die Software kann noch nicht so viele Quellen wie Padlet verarbeiten, ist aber auch noch in der “Wachstumsphase”.

wake” ist die Bugwelle oder Stoßwelle, die von einem Boot oder einem Flugzeug innerhalb des Mediums verursacht wird. Der Gründer Jamil Khalil und sein Team schufen Wakelet als Werkzeug, um all die Ressourcen, Informationen und Links aus dem Internet zu sammeln, zu organisieren und mit anderen zu teilen. Wer etwas mehr über Jamil und seine Beweggründe erfahren möchte, kann hier auf LinkedIn einen englischen Post von ihm lesen, der die Hintergründe beschreibt.

Einer der großen Vorteile, den gerade Nutzer aus dem Bildungsbereich schätzen werden, ist die Tatsache, dass Wakelet im Gegensatz zu Padlet nicht ca. 100€ pro Jahr kostet, wenn mehr als drei Sammlungen (wakelets) angelegt werden. Zusätzlich ist Wakelet aufgrund der einfacheren Funktionalität im Vergleich zu Trello für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern zur Bereitstellung oder gemeinsamen Erarbeitung von Web-Notizen besser geeignet.

Sammeln mit Wakelet

Wakelet bietet wie auch andere Tools nach der Anmeldung das Erstellen von Sammlungen oder deren Bearbeitung an. Die Anmeldung erfolgt entweder per Nutzerkonto und Password oder mit einem Facebook- oder Google-Account. Aus Datenschutzgründen im Bildungsbereich empfehle ich, einen eigenen Account zu nutzen.

Anmeldung bei Wakelet

Dieser Ansatz hat noch einen zusätzlichen Vorteil, wenn der Email-Dienst einen Zusatz zur Mailadresse erlaubt, der dennoch an das gleiche Postfach ausgeliefert wird. Was ist damit gemeint? Hier das Beispiel für Google Mail:

	meine.adresse@googlemail.com => die "normale" Adresse
	meine.adresse+wakelet@googlemail.com => geht ebenfalls an die "normale" Adresse
	meine.adresse+schueler2googlemail.com => geht ebenfalls an die "normale" Adresse

Damit können LuL relativ einfach für eine ganze Klasse Mailadressen vergeben, die alle an die Lehrer-Mailadresse gehen, aber für die Anmeldung bei Wakelet als unterschiedlich gelten.

Noch ein Hinweis: aktuell verzichtet Wakelet auf die Wiederholung des Passwords, daher bitte bei der ersten Eingabe des Passwords sorgfältig tippen!

Nach der Anmeldung gibt es den üblichen Nutzerbereich als Home-Ansicht:

Wakelet-Homepage für angemeldete Benutzer

Um eine neue Sammlung (collection) anzulegen, muss zumindest ein Name angegeben werden und die Art der Darstellung (Kompakt, Liste, Kachel) gewählt werden.

Erzeugen einer Sammlung

Danach können die Inhalte hinzugefügt werden. Hier sind derzeit folgende Quellen möglich:

Datenquellen für Wakelet

  • Link
  • Twitter
  • Bild (hochladen oder Auswahl aus Unsplash)
  • Ein gespeicherter Eintrag
  • Ein Texteintrag

Das sind in der aktuellen Version von Wakelet zwar noch weniger als die Möglichkeiten von Padlet, aber möglicherweise wird sich hier noch etwas tun. Zusätzlich ist es mir ehrlich gesagt lieber, ein Video- oder ein Audio-Dokument erst als Datei zu haben und dies selbst hochzuladen als noch einer Applikation oder dem Browser die Kontrolle über meine Kamera oder das Mikrofon zu überlassen.

Veröffentlichen und Zusammenarbeiten

Sind für den Moment alle Links und Notizen gesammelt, kann die Sammlung veröffentlich werden. Hier bietet Wakelet die Möglichkeiten

  • Privat (nur für den Benutzer sichtbar)
  • Ungelistet (nur wer den Link kennt, sieht die Sammlung)
  • Öffentlich (alle können die Sammlung sehen)

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, den Personenkreis der Autoren zu regeln. Sogenannte “contributors” (Beitragende) können aus den Followern oder anderen Nutzern eingeladen werden.

Der eigene Auftritt ist unter der URL https://wakelet.com/@BenutzerName erreichbar. Einzelne Wakelets sind über eine Adresse in der Form https://wakelet.com/wake/4eda040f-a40c-44ee-9fae-17ac5f43591a erreichbar.

Der Texteditor

Wird nicht nur ein Link gesammelt, sondern möchten Sie auch Anmerkungen zu einem Link einfügen oder eine kurze Textnotiz erstellen, können Sie in Wakelet einen Editor aufrufen.

Text erstellen in Wakelet

Markdown wird in der aktuellen Form nicht unterstützt, sondern die Formatierung erfolgt über die Schaltflächen des Editors. Links in Form einer URL werden automatisch erkannt. Leider gibt es derzeit noch keine Formatierung für Aufzählungs- oder Punktelisten (hier hoffe ich noch auf eine Weiterentwicklung).

Was fehlt mir aktuell?

Eigentlich nicht viel. Wakelet ist eine sehr gute Alternative zu Padlet bzw. ein guter Nachfolger für Padlet. Das Wakelet-Team hat selbst eine Pressemeldung zu Padlet veröffentlicht.

Einfacher Systemübergang

Was ich bei Padlet sehr praktisch fand, war die Möglichkeit, einfach von einem Tablet oder Smartphone auf eine Collection zuzugreifen, in dem ein angezeigter QR-Code gescannt wird. Das erspart das Übertragen von URLs zwischen Rechner, Tablet und Smartphone (was gerade bei unterschiedlichen Betriebssystemen nicht unbedingt Spaß macht). Auch im Unterricht ist so ein QR-Code gut auszudrucken und erlaubt dann den “hybriden” Medieneinsatz.

Mächtigere Suche

Die Suche könnte etwas mächtiger sein, aber ich gestehe, hier bin ich durch die Trello-Suche eindeutig verwöhnt. In diesem Punkt bin ich aber möglicherweise nicht ein “Normal-Nutzer” (wenn Sie sich mal eine gewisse Zeit mit Abfragesprachen, Datenbanken und Information Retrieval beschäftigt haben, fehlt Ihnen bei fast jeder Applikation etwas :-) ). Dennoch wäre zumindest die Kombinationsmöglichkeit per logischem Operator (AND, OR, NOT) wirklich nutzbringend.

Export! Export!! Export!!!

Was mit in der aktuellen Version wirklich fehlt, ist eine Export-Möglichkeit bzw. die die Möglichkeit, eine Sammlung (collection) oder mehrere auch wieder aus dem System zu bekommen. Das dient nicht nur dem Verhindern eines Lock-In, sondern auch der Möglichkeit, Wakelet für die Offline-Nutzung aufzubereiten. Ich nutze solche Tools wie Wakelet öfter für die Vorbereitung von Konferenz-Talks. Dort kommt die Linksammlung oder der Bildnachweis dann in das Handout. In der aktuellen Version ist Wakelet hier raus, weil ich die Sammlungen nur online im Web verwenden kann. Diese Möglichkeit, Daten wieder aus dem System zu bekommen, muss in der freien Version von Wakelet kein vollständiger Export als ePub oder PDF sein, aber irgendeine Funktion, um Sammlung wieder aus dem System zu bekommen oder eine API sind für mich mittlerweile ein KO-Kriterium für die Nutzung geworden. Gerade im Bildungsbereich, in dem viele engagierte Leute enorme Mengen an Zeit und Aufwand in die Produktion von open educational resources und anderen Medien stecken, werden sich wahrscheinlich nur wenig Nutzer aus ein “Input-Only” System einlassen.

Was ist wirklich gut?

Gutes Tool in der kostenlosen Version

Mehrere Dinge. Zu einen ist Wakelet mit dem aktuellen Funktionsumfang kostenlos und wird das auch bleiben. Abgesehen vom letzten Punkt oben und wenn eine Arbeitsgruppe nur online unterwegs ist, ist Wakelet eine sehr gute Alternative zu Padlet.

Wakelet kostenlos nutzbar

Wie der Screenshot zeigt, wird der aktuelle Funktionsumfang auch zukünftig kostenlos nutzbar bleiben. Link zum Tweet hier

Schneller Service & man hört dem Nutzer zu

Damit sind wir auch gleich beim zweiten Punkt, der mich sehr beeindruckt hat. Die Leute von Wakelet sind aktiv und reagieren wirklich sehr schnell. Fünf Minuten nach einem Tweet, in dem @Wakelet erwähnt wurde, kam die Direktnachricht, ob die Antwort ausreichend war und ob ich weitere Fragen hätte. Sehr professionell!

Es muss nicht einmal eine Mail geschrieben werden, eine unaufdringliche Hilfemöglichkeit ist auf jeder Seite vorhanden und beim Anklicken öffnet sich eine Eingabemaske.

Hilfe-Formular

Die Angabe der Mailadresse an dieser Stelle ist durchaus sinnvoll, irgendwie muss das Team von Wakelet ja auch mit einem kommunizieren können. Praktisch ist die Möglichkeit, Dateien oder Screenshots gleich mit hochladen zu können.

Natürlich gibt es für den Support ein eigenes Wakelet: @wakeletsupport. Das Team ist auch unter @wakeletsupport auf Twitter erreichbar, auch per Direktnachricht. Wer lieber Mails schreibt: support@wakelet.com.

Datenschutz

regarding GDPR,
we’re currently well on track
to be compliant before the deadline,
so there shouldn’t be any issues there
(Wakelet Service)

Aktuell ist in der Hilfe bzw. auf der Website noch nichts zu finden, aber das obige Zitat aus meinem Chat mit dem Kundenservice macht Hoffnung. Wie genau die Regelung aussieht, wird sich wohl erst Ende Mail zeigen. Da Wakelet in Manchester sitzt und das Vereinigte Königreich aktuelle noch zur EU gehört, sollte die europäische Datenschutzrichtlinie aber kein Problem sein. Was aus politischer Sicht langfristig in der Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU passieren wird, das überlasse ich den Politik-Talkshows. :-)

Wenn sich Wakelet eine treue Nutzergemeinde (die später unter Umständen dann auch für eine “Pro”-Version Geld ausgibt) sichern möchte, hätte ich einen Tipp an das Team: unterstützt die Leute im Bildungsbereich, indem Ihr für die ganze GDPR-Geschichte Unterstützung oder Formulare für eine Schule anbietet. Hier versagen aktuell alle anderen Anbieter, was die Unterstützung engagierter Pädagogen angeht.

Fazit

Wakelet statt Padlet? Das kommt auf die Nutzergruppe an. Wer mit drei oder weniger Sammlungen auskommt bzw. jetzt auf einen Export/eine Aufbereitung der Daten angewiesen ist, der kann ruhig bei Padlet bleiben. Wem es um eine kostenfreie Möglichkeit geht, mehrere Sammlungen mit unterschiedlichen Leute zu haben, sein Portfolio zu zeigen oder für den persönlichen Einsatz Links, Notizen und andere Ressourcen im Web zu sammeln, sollte Wakelet wirklich ausprobieren.

Wenn es denn noch einen Export gibt (den man für die Compliance mit der GDPR ja sowieso haben muss, hint hint), so dass ich mit meinen Daten nicht eingesperrt bin, dann steige ich für all die Zwecke, die Wakelet auf der Homepage als Showcases zeigt, sehr wahrscheinlich um. Pläne hat das Team jedenfalls genug und die stimmen gut mit dem überein, was mir oben noch fehlt:

The points for improvement that you highlighted
are some of our highest priorities,
such as exporting collections and video uploads,
so it’s good to know that we’re aligned
with your needs going forwards.
(Wakelet Support)

Ich denke, wir werden in der Zukunft noch einiges von Wakelet sehen, denn von allen Alternativen zu Padlet ist Wakelet das mit der intuitivsten und schönsten UI und das ist das, was für viele Benutzer zählt. Falls noch Fragen sind, das Team in Manchester freut sich auf Kontaktaufnahme, um die Wünsche der Nutzer für die Weiterentwicklung zu erfahren.

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