Die Schule meiner Tochter bietet auf der Homepage einen Schulaufgabenplan an. Klasse Idee. So können Eltern bei der Vorbereitung helfen bzw. darauf achten, dass nicht die alte “Arbeitseifer ist gleich 1 durch Zeit"-Regel Anwendung findet. :-)
“Dafür schreibt der doch keinen Blogpost?” Nein, tut er nicht. Der Haken an der Sache und ein Grund für diesen Artikel ist die Präsentation des Schulaufgabenplans. Eine riesengroße Tabelle über das gesamte Schuljahr für alle Klassen. Was auf einem Desktoprechner mit großem Bildschirm vielleicht noch erträglich ist, wird spätestens auf dem Smartphone zum Scroll- und Zoomspiel auf Endgegner-Level. Vor allem, weil die Kopfzeile natürlich nach oben mitscrollt und ich unten nicht mehr weiß, ob die Klasse meiner Tochter nun die 11. oder die 12. Spalte war.
(Ja, der Plan ist unscharf. Aus Datenschutzgründen)
Unabhängig davon, ob dieser Plan einfach aus einer Excel-Tabelle konvertiert wird oder ob eine Anwendung zur Schulverwaltung zum Einsatz kommt: das ist ein gutes Beispiel für das Thema Digitalisierung (nicht nur) im schulischen Umfeld. Was bedeutet es, wenn analoge Informationen nun digital angeboten werden? Wo ist der Mehrwert? Auch früher gab es Schulaufgabenpläne. In einigen Schulen wurden die als kleiner A5-Kalender ausgedruckt an die Schüler verteilt, damit sie zuhause an der Pinwand (oder der Kühlschranktür) einen schnellen Blick erlaubten. Jetzt findet sich dieser Plan im Browser. Was soll’s? Für alle Nutzer, die auf diese Tabelle als gelegentliche Referenz zugreifen, ändert sich auch nichts. Solange das “Gucken” die Nutzung darstellt, ergibt sich für eine Digitalisierung auch kein Mehrwert (ganz im Gegenteil, der Zettel an der Kühlschranktür benötigt keinen Strom).
„Wenn sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess,“
Thorsten Dirks, CEO Telefónica Deutschland AG
Interessanter wird es bei der Frage, welchen möglichen Mehrwert eine Digitalisierung ermöglicht. So wäre es mit der digital im Web vorliegenden Übersicht möglich, die Darstellung auf die Klasse meiner Tochter zu filtern (Vermeidung nicht relevanter Informationen). Ich könnte den Plan auf die nächsten 8 Wochen begrenzen (Priorisierung und Filterung) und einiges mehr. Dazu muss ich aber an die Daten. Jetzt kommt die merkwürdige “API” ins Spiel. API ist die Abkürzung für Application Programming Interface, wörtlich übersetzt die Programmierschnittstelle einer Anwendung. Was das bedeutet und wo der Mehrwert liegt? Wenn ich mit den Daten aus dem Schulaufgabenplan etwas wie oben anfangen will, dann muss ich an die reinen Daten ran. In einer maschinenlesbaren Form, die ich weiter verarbeiten, filtern und umbauen kann. Eine API ermöglicht genau das. Sie stellt Daten in einer standardisierten Form bereit (oder nimmt Daten in einer standardisierten Form an). Ich muss mir also keine Gedanken machen, wie ich die angezeigte Tabelle aus der HTMl-Seite bekomme, mühsam manuell irgendwelche Daten per Copy&Paste übernehmen oder durch Nachbearbeitung in einer Tabellenkalkulation neu zusammenstellen.
Um im Rahmen der Digitalisierung Vorteile zu bieten, reicht es also nicht, nur die Daten zu digitalisieren. Dann habe ich (s. Screenshot oben) nur die gleiche Tabelle wie sich sonst ausgedruckt am Kühlschrank hängen würde. Es muss auch einen Weg geben, diese Daten in strukturierter Form zu verarbeiten. Dann kann ich die Daten umformen, anreichern (aus “D” beispielsweise “Deutsch” machen) und filtern. Im Zeitalter des Internets bietet das auch Vorteile für andere Leute. Dann werden sich Leute finden, die diese Aufbereitung der Daten anderen zur Verfügung stellen. Ein Beispiel wäre die Konvertierung der Einträge in Termineinladungen. Auch hierfür existieren standardisierte Datenformate, so dass ich mit einem Doppelklick auf eine solche Einladung den Schulaufgabentermin in meinen Kalender übernehmen kann. Das geht sogar soweit, dass sich die sprachgesteuerten digitalen Assistenten diverser Hersteller an solche Datenquellen anbinden lassen. Ein “Computer, wann ist die nächste Schulaufgabe der 9a?” und ein “Das ist die Schulaufgabe in Englisch am 23. Mai. Soll ich eine Erinnerung eine Woche vorher eintragen?” ist kein Problem mehr.
Wenn Informationen angeboten werden, sollte daher auch immer in Betracht gezogen werden, welche neuen Nutzungsmöglichkeiten sich durch die Digitalisierung ergeben. Gehe ich nur vom gleichen Nutzungsmodel wie das der analogen Vorform aus, ist es beispielsweise für das Betrachten im Browser völlig unerheblich, ob es eine API gibt oder nicht. Es ist sogar egal, ob die Daten als Text, als Excel-Tabelle oder als PDF angezeigt werden. Ohne großen Zusatzaufwand (den dann niemand leisten wird) ergeben sich aber auch keine neue Möglichkeiten. Werden die Daten allerdings in einer strukturierten und standardisierten Form im Web zur Verfügung gestellt, lassen sich Erinnerungen, Klassenpläne, Häufungen von Prüfungen oder Ausgaben für völlig neue Kanäle (Smartphone, Sprachausgabe) viel leichter entwickeln. Das Beispiel Schulaufgabenplan ist nur ein Beispiel, über das ich gerade gestolpert bin. Stellen Sie sich vor, Sie haben Kinder auf zwei oder drei Schulen, wie viel praktischer wäre eine konsolidierte Übersicht über anstehende Prüfungen, die Sie mit einem einfachen Satz jederzeit abrufen könnten. Daten und API zusammen ergeben erst den Mehrwert der Digitalisierung.