Andrea hat sein einigen Monaten eine Pulsuhr. Diese Dinger brauchen Strom und der kommt aus einer Batterie. Ist diese leer, wird die (Puls)Uhr in der Uhrenabteilung eines Kaufhauses vorbei gebracht, wo sie von einer kundigen Person neues elektrisches Leben eingehaucht bekommt. Und jedes Mal, wenn wir dann an der Kasse stehen, fühle ich mich auch, als würde ich eine neue Batterieladung benötigen, denn angesichts der dann verlangten Preise möchte man zu Boden sinken.
Nun, ich gebe zu, dass der Batteriewechsel einer modernen Uhr etwas komplizierter und fummeliger ist als bei meiner LED-Taschenlampe, aber dennoch - den Gegenwert von einmal mit der Süßen in der Landshuter Altstadt je einen Cappuccino genießen (und vielleicht noch ein Stück Kuchen)? Neee …
Samstag war es wieder soweit. Die Uhr durfte mit zum Einkaufen fahren und nach zwei Minuten kam Andrea wieder zu mir. “So schnell?” – “Nein, die Dame hatte die passende Batterie nicht dabei und wir sollen nächste Woche wieder kommen”. Hmpf. Ich habe dann die Rückseite der Uhr studiert und was finde ich da? “Battery: AG4”. Ha! Die Dinger hatte ich für unsere Küchenwaage letzte Jahr zum Stückpreis von knapp 90 Cent als Markenware im Web bestellt! “Kein Problem, die haben wir zuhause, ich wechsle die Batterie, Schatz!”
Was ich Sonntag nach dem Frühstück dann auch versucht habe. Die Uhr zu öffnen war einfach, vier kleine Kreuzschlitzschrauben, aufpassen auf die Dichtung und schon liegt das gute Stück offen wie ein Buch vor mir. Jetzt nur noch die Batterie raus, doch was ist das? Der kleine Metallkäfig, der die Batterie umschließt, geht um das ganze Uhrenmodul, also aus dem Gehäuse damit. Nach fünf Minuten Grübeln hatte ich raus, was wo aufgebogen werden muss. Nur, um dann festzustellen, dass dieses Metallkonstrukt auch das komplette Uhrenmodul zusammen hält. Und wohl auch diese kleine goldene Feder, die auf einmal auf der Unterlage lag. Oh ja, genau das hatte ich erwartet. Zwei Brüder, die blind und mit einer Hand auf den Rücken gebunden einen Automotor zusammensetzen können (doch, die können das, drum bin ich in der Familie ja der Software-Mensch) und ich zu doof, die Batterie an der Uhr meiner Frau zu wechseln. Das geht ja gar nicht. Nach diversen Versuchen, die Uhr wieder zum Leben zu erwecken, rutscht meine Frau (die sich bis dahin tapfer zurück gehalten hat) rüber und meint: “Klappt’s nicht?”. Ich erkläre Ihr, dass ich die Idee, eine etwas bessere Pulsuhr zu kaufen, mittlerweile doch ganz gut finde. Ich hatte das Ding jetzt schon zu vierten Mal auseinander und wieder zusammen gebaut, die winzige Verbindung zwischen LCD und Platine bewundert und diese kleine goldene Feder sonstwohin gewünscht. Da beugt sich Andrea wieder zu mir rüber.
“Ich zeig Dir jetzt, so die Feder hin gehört. Da rein!” sag Sie und deutet zielsicher auf eine von vier leeren Bohrungen im Kunststoffhalter der Platine. OK. Ich hatte beim Ausbau nur die beiden Kontaktfedern auf der Oberseite gesehen, aber was soll’s, für einen Lichtbogen reichen die 3V eh nicht und in eineinhalb Tagen ist die neue Uhr da. Ausserdem hat Andrea da so ein Talent. Alles brav zusammengebaut (mittlerweile geht das in 30 Sekunden), die Metallfassung der Batterie festgedrückt, die Uhr umgedreht und was blinkt mich an? 12:00! Batterieanzeige auf voll!
Ich hatte ja nur alle anderen Möglichkeiten versucht, seufz. Rein ins Gehäuse, Deckel drauf, Uhr geht immer noch. Neu stellen und - eccolo! - alles wieder wie neu! Das Grinsen von Andrea hätte auf keine 16:9 Aufnahme gepasst. Kostenpunkt: 90 Cent für die Batterie und die Erkenntnis, das auch Geeks einfach mal früher bei der Süßen fragen sollten, ob sie nicht eine Idee hat …
Und ja, ich habe nach dem Zusammenbau darauf verzichtet, meinen Puls zu messen. ;-)